Studio Dan

Ein Haufen toller Hunde

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Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ulrich Olshausen, 2010-02-06

Vienna Art Orchestra, Nouvelle Cuisine, Jazz Bigband Graz und jetzt noch das hier: eine Gruppe mit dem unspektakulären Namen Studio Dan (abgeleitet von Frank Zappas „Studio Tan“, 1979). Österreich kommt damit in der Weltspitze der Bigband-Länder an, wobei der Status nicht durch die blanke Anzahl bestimmt wird, sondern durch die prägnanten Einzelprofile und das durchwegs schäumend vitale Virtuosenhandwerk. Das achtzehnköpfige Kollektiv (ein Drittel Frauen) beruft sich besonders auf die Verbindungen zwischen Jazz und Neuer Musik und nennt unter seinen Einflüssen Thelonious Monk, John Cage und Iannis Xenakis. Dem nicht aufgeführten Igor Strawinski erweist es (nicht nur) durch ein Sechs-Minuten-Zitat aus dem „Sacre“ ebenfalls seine Reverenz.

Die Biographien der Musiker lesen sich wie ein Kompendium musikalischer Neugier und multistilistischer Hochbegabung. Das reicht vom Blockflötenunterricht bis zu den Wiener Philharmonikern, von der Barockgeige bis zum Hip-Hop, von der Volksoper bis zur Electronica, vom Studienaufenthalt in Amerika zur Dissertation über aleatorische Musik. Eine Aufzählung der prominenten Lehrer und der Auszeichnungen und Preise würde Seiten füllen. In den mannigfaltigen eigenen Projekten der Band-Mitglieder taucht die ganze österreichische Experimentierszene auf. Die Band, die im Wiener Jazzclub Porgy & Bess ein dauerhaftes Probendomizil hat, gibt es seit fünf Jahren und kommt nun, nach einer Voraus-Singleauskopplung, mit ihrem eigentlichen Debüt „creatures & other stuff“ (Jazzwerkstatt Records/www.crackshop.at), einer fulminanten Doppel-CD, auf den Markt der Abenteuer. Die Stücke, zur Hälfte vom Leiter und Posaunisten Daniel Riegler, zum anderen hauptsächlich von weiteren Mitgliedern der Gruppe geschrieben, runden sich formal süffig, sind aber gegeneinander von einem geradezu zerklüfteten Artenreichtum. Wühlende Turbulenzen, zwölftönige Balladen, bohrende Tonwiederholungen, brutale Cluster, Dämmerstimmungen, solistische Höhenflüge über veruntreuten Rockrhythmen oder normalem Swing, ein trillernd ausgefranster Walzer, ein schleichendes Stück, in dem sozusagen die Töne verlorengehen, eine liebliche Kontrapunkt-Miniatur – das alles wird angerichtet mit feinen Farbspielen von Geige, Bratsche, Cello, Fagott, Elektronik, Marimbaphon und den im Jazz üblichen Instrumenten.

Gewidmet ist das Werk David Foster Wallace, dessen nach dreijähriger Übersetzungsarbeit auch bei uns erschienenes Buch „Unendlicher Spaß“ schon viele Feuilletonseiten angeregt hat. Und das passt: schriller Humor und bizarre Grenzgänge in den jeweiligen Sprachen, inklusive ein bisschen Dada und Gaga – das zumindest verbindet die beiden Kunstanstrengungen. Der Schreiber des CD-Begleithefts bringt es auf diesen schönen Punkt: „Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Weil kompliziert eben manchmal doch interessanter ist als einfach.“