Studio Dan

Studio Dan - Dekadenz

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mica, Michael Ternai, 2012-09-12

Was soll man über ein Album schreiben, das nicht und nicht in die gängigen stilistischen Schubladen hineinpassen will, welches musikalisch wirklich abseits aller Normen angesiedelt liegt und, weil im Geiste des Experiments entstanden, so ziemlich alle Fragen nach dem Genre eigentlich obsolet erscheinen lässt. „Dekadenz“ (Jazzwerkstatt Records), das neue Werk von Studio Dan, ist ein Musterbeispiel dafür, was Außergewöhnliches entstehen kann, lässt man einmal alle musikalischen Definitionen außer Acht. Was Daniel Riegler und sein 17-köpfiges Ensemble auf den Weg bringen, ist eine spannende und faszinierende Reise durch die verschiedensten Klangwelten, eine fast in den buntesten Farben schimmernde Soundcollage, gebastelt aus den verschiedensten Genres und Spielformen. Das Album basiert auf dem 2011 uraufgeführten Programm „The Big Gruntz!“ und beinhaltet in erster Linie Kompositionen von Daniel Riegler und Clemens Wenger. In drei Teile gegliedert, umfasst „Dekadenz“ das von den beiden gemeinsam komponierte „Gruntz Suite“, die instrumentale Version von Ausschnitten aus Wengers erster Oper „Der unbezwingbare Simson“ sowie das titelgebende Stück „Dekadenz“. Ein mehr als nur beeindruckende musikalische Achterbahnfahrt.

Gäbe es eine Skala, mit welcher sich der Grad der musikalischen Vielfalt messen ließe, würde die von Studio Dan wohl mit ziemlicher Sicherheit an der Spitze dieser landen. Denn das, was der Leiter des Ensembles und der Komponist Daniel Riegler gemeinsam mit seinen MusikerInnen auf den Weg bringt, offenbart sich als ein solch immens vielschichtiges Klangereignis, welches sich in wenigen Worten nur sehr schwer beschreiben lässt und dem traditionellen Verständnis von Musik auf erfrischende Weise entgegenläuft. Es ist das Spiel mit dem vermeintlich Gegensätzlichen, das hier zur hohen Kunst erhoben wird, das Zusammenführen von unterschiedlichsten Stilen und Musikentwürfen in einem einzelnen Sound, welches in fast unvergleichlicher Form vollzogen wird. Alle Grenzen zwischen den verschiedenen Spielformen überwindend, kreiert das Ensemble eine musikalische Sprache, deren Spektrum wohl weiter kaum gefasst sein kann. Jazz trifft Rock, Improvisation auf Kammermusik, Elektronik auf Neue Musik und, und, und.

Wiewohl die Kompositionen Rieglers und Wengers komplexen Charakters und einer zum Teil auch schrägen Note sind, kippen die Stücke in keinem Moment ins Kopflastige oder schwer Nachvollziehbare. Stets den Roten Faden folgend, beeindrucken vor allem die weiten und mit vielen kleinen versteckten Nuancen gespickten und mit vielen Brüchen durchzogenen Spannungsbögen, welche sich unaufhörlich steigern und aufbauen und in Moment der absoluten Dichte ihren Höhepunkt finden. Fast schon meditativ anmutenden Passagen folgen richtig schön groovende Rockmomente, schrägen verspielten Jazzentwürfen orchestrale Einsätze, experimentellen elektronischen Soundspielerein facettenreiche elektroakustische Spielerein. Das wirklich Schöne an der ganzen Sache ist, dass man als Hörer zu Beginn nie wirklich weiß, wo die Reise tatsächlich enden wird.

„Dekadenz“ lädt ein, sich in eine faszinierende Klangwelt zu begeben, sich mit einer Musik zu konfrontieren, welche, allen Definitionsversuchen entzogen, quasi als Gesamtkunstwerk für sich steht. Es gibt unzählige Versuche neuartiger Musikentwürfe, in diesem Fall ist dieser aber auf unvergleichliche Art geglückt.