Werden wir zum Mittanzen hingerissen?
Der Falter 30/22, Martin Pesl, 2022-07-27
Die Tänzerin und Choreografin Eva-Maria Schaller hat sich stets einer wichtigen archivarischen Aufgabe angenommen: Sie tanzt Tanz, wie er früher war. In einigen ihrer bisherigen Arbeiten hat sie sich mit Bewegungsabläufen ikonischer Figuren der Tanzgeschichte beschäftigt, sie in ihrem Körper beherbergt und in der Gegenwart wieder herausgelassen.
Auch "FEMENINE" ist eine historische Arbeit, vor allem auf der Klangebene. Schaller nahm sich das gleichnamige Werk des schwulen afroamerikanischen Komponisten Julius Eastman aus dem Jahr 1974 vor, das dem Genre der Minimal Music zugerechnet wird und einen einlullenden Sog hat. Während die Komposition in einer Live-Interpretation des achtköpfigen Musikensembles Studio Dan zu hören ist, wird das Prinzip der Weiblichkeit ertanzt, das -derzeit vielbesprochenerweise - nicht nur in biologischen Frauen wohnt. Nicht Schaller allein, vier Tänzerinnen und ein Tänzer leisten die historische Körperarbeit.
Die Performance findet im Freien statt, bei jedem Wetter außer Starkregen und Gewitter, an öffentlichen Orten und gratis. Diese Woche sind der Stadtpark und die Donaupromenade unweit der U6-Station Handelskai als Schauplätze vorgesehen. Das Publikum soll zum Mittanzen hingerissen werden. Dem experimentierfreudigen Julius Eastman gefiele das gewiss.