Studio Dan

Ein öffentlicher Resonanzraum soll die ,,Bubbles" zum Platzen bringen

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Kurier, Michael Huber, 2022-08-14

Das Ensemble ,,Studio Dan" bringt ab Donnerstag für vier Tage experimentelle Musik in den Stadtraum.

ZONK?!??. Geigenbögen streichen über Weingläser, produzieren schneidende Klänge. Nach und nach verdichtet sich der Sound, wird gebrochen vom harten Klang geschlagener Blechschüsseln und wiederholten Motiven auf Bratsche und Geige, bevor das Stück in ein feines Flirren von Obertönen über geht. Das Publikum Neuer Musik kennt solche Stilmittel abseits von Melodie und Harmonie – aber wie wirken sie auf jene, die beiläufig die betonierte Unterführung am Wien-Brigittenau queren?

Das Wiener Ensemble "Studio Dan", seit Langem erfolgreich in den Zwischenräumen von E-Musik, Improvisationskunst und Jazz unterwegs, schickt sich an, dies herauszufinden. "Nicht aus Egoismus, sondern weil es etwas anregt", sagt Ensemblegründer Daniel Riegler. Bei aller Etablierung der Musik in Wien sei die Offenheit für Unvorhergesehenes, künstlerisch avanciertes Tun noch ausbaufähig, findet er: "Es besteht immer die Hoffnung, dass es jemanden erwischt, der solche Erfahrungen noch nicht gemacht hat."

"ZONK!?!!" heißt das Festival, das am Donnerstag (18.30) vor dem Amtshaus Wien-Brigittenau eröffnet wird und bis Sonntag Performances an verschiedenen Orten des 20. Bezirk bereithält – vom großen Ensemble mit Pauken und Trompeten bis zu Solo- und Kleinensembledarbietungen einschlägig bekannter Größen wie Franz Hautzinger (Trompete) oder Clemens Salesny (Saxophon).

Zweite Runde
2020 setzten Studio Dan die Aktion zum ersten Mal um. Konzipiert wurde das Event noch vor Pandemiebeginn, just mit dem Arbeitstitel "Virus" – sollte sich die Musik doch über die Stadt ausbreiten. "Im Frühjahr 2020 konnte man dieses Konzept natürlich kübeln", sagt Riegler.

Die adaptierte Form erwies sich im Spätsommer 2020 dank des Open-Air-Settings aber als sehr pandemieadäquat. "Es gibt Orte, die toll klingen, aber sehr urban sind – wenn man dort etwas macht, bekommt es eine andere Bedeutung", sagt Riegler, der im Programm einerseits auf existierendes Repertoire (u.a. Werke von Giacinto Scelsi, Charles Mingus, Steve Reich) zurückgriff, andererseits Kompositionen von Ensemblemitgliedern und Freunden zur Aufführung bringt. "Es gibt etwa ein Stück für Geige, das mit Vogelrufen arbeitet und verlangt, dass man präparierte Geigen aufhängt – das in einem Park mit Bäumen zu machen, ergibt Sinn", sagt er. Viele Werke suchen förmlich die Resonanz von Räumen abseits des Konzertsaals. "Die größte Herausforderung ist aber oft, zu realisieren, wie wenig es die Leute interessiert", sagt Riegler. Beim ersten Festival mussten die Ausführenden zur Kenntnis nehmen, das selbst die schrägsten Stücke nicht vermochten, Passantinnen und Passanten aus ihrer mit Kopfhörer abgesicherten Routine zu reißen.

"Ich mache niemandem einen Vorwurf, es prasselt viel auf uns ein", sagt Riegler. "Aber es ist offensichtlich, dass wir sehr mit uns selbst beschäftigt sind. Freiräume schaffen muss man ziemlich aktiv. Was ich aber auch weiß, ist, dass Kunst auf jeden Fall leisten kann, Räume zu öffnen, die der Mensch zum Leben braucht. Deshalb ist es legitim, mit solchen Formaten zu experimentieren."